Oh Captain! My Captain!

Der Titel des berühmten Gedichts des amerikanischen Dichters Walt Whitman aus dem Jahre 1865, das dem ermordeten Präsidenten Abraham Lincoln gewidmet ist, wird häufig im Sport zitiert. Gestern wäre es nach einer unbeschreiblichen Mannschaftsleistung der SGO in Ockstadt auch ein passendes Zitat gewesen.

Das Spiel der SG Oppershofen beim Tabellenvierten SV Germania Ockstadt schien zum Ende der Runde nochmals ein Spiegelbild für den bisherigen Saisonverlauf zu sein. Es war ein Wechselbad der Gefühle, es war heiß, es war schwer, es gab Rückschläge und die SGO musste weit über die Schmerzgrenze hinausgehen.

Gute Möglichkeiten in Halbzeit eins blieben ungenutzt

Im Vergleich zum Vorsonntag stand Nico Bayer wieder zur Verfügung. Leon Demann musste verletzt passen. Für ihn rückte Paulo Pillekamp in die Verteidigung. Die Partie im Kirschendorf begann wie erwartet. Die Gastgeber hatten mehr Ballbesitz, die Chancen hatte jedoch zunächst die SGO. Spielführer Tobias Schwarz traf in der Anfangsphase nach einem Eckball von Niklas Casties nur den linken Pfosten. Danach verteilten sich die Spielanteile gleichmäßig. Gefährlich Chancen der Hausherren ließ man jedoch nicht zu. Nach einem Steilpass von Tobias Schwarz tauchte Daniel Warner im Strafraum frei vor dem Ockstädter Torhüter auf. Der herauseilende Germanen-Schlussmann riss die Arme nach oben und verhinderte die Führung der SGO. Der abgewehrte Ball landete bei Konstantin Schreiner, der mit viel Übersicht Lukas Lottig bediente, dessen Abschluss der Keeper der Gastgeber mit letztem Einsatz aber ebenfalls noch stark parieren konnte. Auf der Gegenseite war ein Distanzschuss sichere Beute von Marcel Hebich, ehe der Ball nach einer unübersichtlichen Situation und konfusen Abwehraktion an den Außenpfosten des SGO-Gehäuses prallte. Ein weiterer Ockstädter Versuch verfehlte das lange Eck knapp.

Dennoch gelang es der SGO das Spiel mehr als ausgeglichen zu gestalten. Bitter, dass man bereits Mitte der ersten Halbzeit Normen Thurow verletzt ersetzen musste. Für ihn kam Lukas Zecha in die Partie, der sich nahtlos im Defensivverbund einfügte. Kurz vor der Pause vergab Daniel Warner die große Chance auf die Führung, als er mit seinem Abschluss im Strafraum ebenfalls am Torsteher scheiterte. Kurz zuvor hatte Tobias Schwarz bereits eine Möglichkeit, bekam bei seinem Abschluss mit links jedoch nicht genügend Druck hinter den Ball. Zur Pause wäre eine Führung der SGO nicht unverdient gewesen. Jedoch wurden die Seiten beim Stand von 0:0 gewechselt.

Ockstädter Druck nimmt zu, doch die SGO trifft

Auch wenn einige SGO-Akteure mit Blessuren zu kämpfen hatten, ging es nach der Halbzeitpause vorerst ohne weitere personelle Änderungen weiter. Die Hausherren übernahmen nun die Kontrolle und verlagerten das Spiel zunehmend in die Hälfte der SGO. Zunächst blieben hier jedoch zwingende Abschlüsse Mangelware. Die von Nico Bayer hervorragend organisierte Defensive verteidigte vieles direkt weg. Was aufs Tor kam, war sichere Beute von Marcel Hebich.

In der 53. Spielminute gab es Eckstoß für die SGO. Dieser konnte durch die Ockstädter zunächst per Kopf geklärt werden. Lukas Zecha schaltete jedoch am schnellsten und setzte sich im Zweikampf durch, sodass er den Ball zu Torben Blendermann weiterleiten konnte. Dieser bediente Tobias Schwarz, der aus 20 Metern abzog und den Ball mit Wucht genau in den Winkel des Ockstädter Tors jagte. Nur kurz nach diesem Tor, wehrte der SGO-Kapitän auf der Gegenseite einen Schuss kurz vor der Linie ab und lenkte den Ball somit nur Zentimeter am Pfosten vorbei. Zwar hatten die Germanen weiterhin deutliche Feldvorteile und mehr Ballbesitz, doch bot sich der SGO die große Chance, um die Führung auszubauen. Über Konstantin Schreiner kam nach einem Konter der Ball zum mitgelaufenen Niklas Casties, der freistehend am starken Keeper der Hausherren scheiterte.

Die SGO verteidigte weiterhin leidenschaftlich im Kollektiv, sodass man die Gastgeber aus dem Strafraum fernhalten konnte. Die Hereingaben und Distanzschüsse konnten zumeist durch die Defensivreihe und Marcel Hebich geklärt werden. Die erneute Chance zum zweiten Treffer bot sich eine Viertelstunde vor Schluss. Der eingewechselte Stefan Weyl setzte sich auf der rechten Außenbahn stark durch, drang in den Strafraum ein und bediente Tobias Schwarz, der Ball direkt zum nachrückenden Konstantin Schreiner zurücklegte. Bei dessen Direktabnahme bekam ein Ockstädter Verteidiger den Fuß noch an den Ball, sodass das Spielgerät hauchzart über die Querlatte strich. Danach musste die SGO den nächsten Ausfall hinnehmen. Bei einer Abwehraktion verletzte sich Dennis Bellersheim und musste dadurch ausgewechselt werden. Für ihn kam Patrick Schaub ins Spiel.

Rückschlag und Crunch Time

Zehn Minuten vor Schluss spielten sich die Hausherren über die linke Seite in den Strafraum. Die Aktion schien geklärt, als der Ball weggeschlagen wurde. Der Ball landete am Arm des Ockstädter Angreifers und anschließend einschussbereit vor dessen Füßen, sodass er sich nicht zweimal bitten ließ und zum Ausgleich einschob. Den Gastgebern war anzumerken, dass ihnen der eine Punkt nicht genug war. Sie drängten nun auf den Siegtreffer. Doch in der Crunch Time hatte die SGO noch einen letzten Pfeil im Köcher. Bei einem Entlastungsangriff der SGO konnte ein Eckstoß herausgeholt werden und die Routiniers übernahmen das Ruder. Konstantin Schreiner servierte die Ecke butterweich auf den zweiten Pfosten, wo Kapitän Tobias Schwarz höher als sein Gegenspieler stieg und sieben Minuten vor Schluss per Kopf zur erneuten Führung traf.

Danach ging jeder einzelne SGO-Akteur nochmals über die Schmerzgrenze. Im Kollektiv gelang es, die Ockstädter Versuche, erneut den Ausgleich zu erzielen, abwehren und gelegentlich noch Entlastungsangriffe zu starten.

Fußball und Mathematik – Rechenspiele nach Abpfiff

Als die vierminütige Nachspielzeit abgepfiffen wurde, war der Jubel im Lager der SGO groß! Durch den Sieg glaubte man den Klassenerhalt trotz des Florstädter 2:1-Erfolges gegen Beienheim auf Grund des besseren direkten Vergleichs bei drei Punkten Vorsprung erreicht zu haben. Auch der Traiser 9:4-Erfolg beim Wettschießen auf dem Heilsberg trug zur Freude bei, da man nun einen weiteren Platz in der Tabelle gutgemacht hatte. Entgegen unserer Prognose im Vorbericht, gibt es durch die Hoch-Weiseler 0:1-Niederlage in Ober-Mörlen doch noch eine nicht bedachte Konstellation. Sollte die SGO ihr letztes Spiel gegen Schwalheim verlieren, Nieder-Florstadt zuhause gegen Ober-Mörlen gewinnen und Hoch-Weisel sowohl das Nachholspiel unter der Woche gegen Ober-Hörgern, als auch am Sonntag gegen Heilsberg verlieren, stünden die SGO, Hoch-Weisel und Nieder-Florstadt mit jeweils 28 Punkten in der Tabelle dar. Heilsberg hätte in diesem Fall 29 Punkte. Im Falle einer Punktgleichheit dreier Teams, würde in dieser Dreier-Konstellation ein Vergleich der drei Mannschaften bemüht, in dem nur die Spiele gegeneinander berücksichtigt würden. In diesem Fall käme der SV Hoch-Weisel auf sechs Punkte, der FC Nieder-Florstadt auf fünf und die SG Oppershofen auf vier Punkte, was in gleichbedeutend mit dem Abstieg wäre. Sollte der SV Hoch-Weisel unter der Woche allerdings mindestens einen Punkt gegen Ober-Hörgern holen, wäre diese Dreier-Konstellation nicht mehr möglich und die SGO sicher in der neuen Saison in der A-Liga. Manchmal ist Fußball eben doch Mathematik.

So oder so, die SGO hält weiterhin alle Trümpfe in der eigenen Hand. Der Freude über den Sieg und die Leistung taten die Rechenspiele jedoch keinen Abbruch. Das Team von Trainer Jürgen Bellersheim fightete, arbeitete, verteidigte zusammen und erwehrte sich einmal mehr auftretender Widerstände. Damit ist man dem gesteckten Saisonziel nun ganz nah gekommen. „Was die Jungs in den letzten Spielen und insbesondere heute geleistet haben, ist nicht hoch genug zu bewerten und verdient allergrößten Respekt. Es war ein tolle Mannschaftsleistung, zu der jeder heute einen großen Teil beigetragen hat“, freute sich Captain Tobias Schwarz nach dem Spiel.

Ein großes Lob verdiente sich auch Schiedsrichter Martin Koch mit seiner umsichtigen und kommunikativen Spielleitung.

Erwähnt werden sollte an dieser Stelle auch der Sportsgeist des SV Germania Ockstadt, für den es in diesem Spiel rein tabellarisch zwar um nichts mehr ging, der im Sinne des sportlich fairen Wettkampfes jedoch nichts unversucht ließ, um das Spiel zu gewinnen und nichts zu verschenken hatte. Mit dem zwischenzeitlichen Ausgleich gaben sich die Ockstädter nicht zufrieden und versuchten auch noch das Siegtor zu erzielen. Diese Einstellung ist insbesondere beim Blick auf diverse Entwicklungen innerhalb der A-Liga in den letzten Wochen nochmals lobend zu erwähnen und sollte beispielhaft für manch andere Mannschaft in dieser Klasse sein.

Bild: SGO